1. Peter Clasen
Es ist ja so: Das reguläre Filmangebot in den Kinos nimmt immer mehr ab, der Hollywood-Output sinkt dramatisch – quantitativ (was Cineasten mit Privatleben sehr zupass kommt), leider aber auch qualitativ. Für die jährliche Umfrage eines Kritikerfreundes bin ich auf gerade mal 12 Filme gekommen, die mich überzeugt haben – das Eindampfen auf die Top Ten war dann nicht mehr das Problem. In den Jahren zuvor war die Auswahl noch größer. Dabei gehe ich fast jeden Tag ins Kino. Hier eine Auswahl der Auswahl.
Ein paar beste Filme 2010:
Drachenzähmen leicht gemacht (USA 2010). Die Digitaltrickfilm-Abenteuerfantasy in echtem 3D ist mein absoluter Favorit: einfallsreich, im Verlaufe seiner kleinen Heldengeschichte immer fantastischer und grandioser werdend, am Ende geradezu monumental, manche Einstellungen erinnern gar an die Höllenmalereien eines Hieronymus Bosch! Schön, witzig und bewegend – mein beglückendstes Kinoerlebnis des Jahres.
Inception (USA 2010). Auch wenn es schick geworden ist, Regisseur Christopher Nolan zu bashen (der bornierte Spiegel gefällt sich sehr darin), ist dies meine Nummer zwei. Die irrwitzige Story, getragen von einem druckvollen, hypnotischen Score, dazu State-of-the-art-Effekte und die hochgepeitschte Dramatik sorgen für eine originäre, epochale, unvergessliche Kinoerfahrung. Dass der Film kalt konstruiert sei und keine Seele habe – auf derlei Ideen kann man hinterher am Schreibtisch kommen. Im Kino jedenfalls entwickelt die Erzählung einen schier unentrinnbaren Sog.
Iron Man 2 (USA 2008). Der Film hat seine Macken, zugegeben. Für mich trotzdem ein mustergültiges Superhelden-Abenteuer, da sich die Action immer aus den Charakteren und Konflikten ergibt und nirgends in selbstbesoffenem Overkill ausartet. Gute dramatische Musik, edle Bilder. Alle Hauptfiguren agieren äußerst lebhaft, ja spritzig. Und einige Dialoge haben absolutes Screwball-Niveau – was man heutzutage selbst in dezidierten Komödien nicht mehr so häufig findet.
Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen (USA 2009). Computertrickfilm in echtem 3D: eine bescheuerte Grundidee (Essen prasselt auf die Erde) – und ein toller Film. So konsequent schräge, zuweilen schon fast surreal, war schon lange kein Hollywood-Mainstream-Film mehr. Buñuel, Dali und Co. müssten vor Freude aus ihren Gräbern hüpfen! – Auch eine prima Parodie auf Katastrophenfilme.
Ich, Tomek (Swinki; Polen / BRD 2009), ein Prostitutions- und Jugenddrama: Tomek, ein 16-jähriger Pole, der wie 12 aussieht, geht auf den Strich, um die Konsumwünsche seiner Freundin befriedigen zu können. Die große Entdeckung des Films ist sein Hauptdarsteller: Alles spiegelt sich in den Augen von Filip Garbacz – die Fröhlichkeit des naiven Kindes, der Schock über die Gewalt der Erwachsenen, die Enttäuschung des von Gott Verlassenen, die Leere des verzweifelten Totschlägers. Vielleicht nur der Kuleschow-Effekt? Nein, der Junge kann wirklich spielen.
Ein paar Flops 2010:
Die Legende von Aang (USA 2010). Fantasy-Epos: steifer Mummenschanz mit hilflosen Dialogen, doofer Action, gemalt wirkenden Bildern und unfertigen Szenen. Mit miserabel konvertierten, oft flach wirkenden 3D-Effekten. Dunkel und drückend, eine echte Gurke. Filme wie dieser sind Schuld daran, dass 3D in Verruf gerät.
Nine (USA 2009), das Musical nach Federico Fellinis Filmklassiker Achteinhalb – nur dass der Meister und sein Werk hier nicht so heißen dürfen, sondern nur „so ähnlich“: Eineinhalb zündende Nummern, der Rest ist erbärmlich. Das neben Star! wohl schlechteste Musical der Filmgeschichte.
22 Bullets (Frankreich 2010). Kitschiges Gangstermelodram in Marseille: Opernfreund und Ex-Gangster Charly Mattei (Jean Reno) wird von 22 Kugeln zersiebt, überlebt und rächt sich. Fahrig, beliebig, zufällig, grob, oberflächlich, hohl, langweilig. Besonders eklig sind das Pathos, die Märchenhaftigkeit der brutalen Erzählung und die ungebrochene Bewunderung für einen Killer als Familienmenschen.
Ein paar aktuelle Festival-Entdeckungen 2010:
Broderskab (Dänemark 2009). Schwules Liebesdrama unter Neonazis: Blut, Schweiß und Tränen – eine großartige, intensive Tragödie. Einziges Manko sind kleine Zugeständnisse an den Jugendschutz: Dass beide Männer, die da am Morgen nach einer wilden Nacht im Bett liegen, noch immer oder schon wieder ihre Feinripp-Unterhosen anhaben, kann mir keiner erzählen …
Mein Glück (Schastye moe; BRD/Ukraine/Niederlande 2010). Roadmovie-Drama in Russland: Fernfahrer Georgy setzt sich mit seinem LKW in Bewegung – Beginn einer Reise in die Dunkelheit, an deren Ende es nur natürlich ist, dass er zum Mörder wird. Psychologisches Porträt einer durch und durch verlogenen, brutalen Gesellschaft, eine niederschmetternde Studie über Verschlagenheit, Anmaßung und rohe Gewalt. Genauso stellt man sich das Russland vor, von dem man immer in der Zeitung liest.
Dog Pound (Frankreich/Kanada/GB 2009). Jugendknast-Thrillerdrama: Drei minderjährige Straftäter werden in ein Youth Correctional Center eingeliefert und geraten ins Visier dreier brutaler Rüpel. Hart und wütend. Ein würdiger Nachfolger des heute vergessenen Meisterwerks Scum von Alan Clark.
A Serbian Film (Serbien 2010). Bestialisches Gewaltdrama: Ein legendärer Ex-Pornostar nimmt einen lukrativen letzten Job an – er ahnt ja nicht, worauf er sich tatsächlich einlässt. Ein Katalog widerlichster, teils unaussprechlicher Perversionen als Spiegelbild eines Landes, seiner jüngsten Kriegsvergangenheit und seines Seelenzustands. Ein Film als „gigantische Metapher“. Kein Folterporno à la Hostel und Saw, sondern eine Anklage à la Salo oder die 120 Tage von Sodom. Mit einem großem Unterschied: Auch die Täter sind Opfer …
Wig (Japan 2010). Haarsträubend witzige Komödie über einen Kahlkopf und seine neue Perücke. Grandioses Drehbuch. Wann kommt das Hollywood-Remake?
Tucker and Dale vs Evil (USA 2010). Parodistische Horrorkomödie, Funsplatter: Zehn College-Studenten machen Ferien im Land des Texas Chainsaw Massacre – und haben einen Horror vor den Hinterwäldlern. Es gibt sie noch, die originellen Ideen! Das Schema der üblichen Backwoods-Horrorfilme wurde auf den Kopf gestellt: Die Hillbillies sind harmlos, die eigentliche Gefahr lauert in den verbildeten Großstadt-Teens. Ein Mörderspaß!
Ein paar Retro-Entdeckungen 2010:
The Girls of Whirlpool Island (Japan 1960). Trash-Thriller: Geheimagent Z9 – ein Bübchen mit Rockertolle, Karohemd, schwarzer Lederjacke und silbernem Halstuch – kommt auf eine Insel, auf der mit Girls und Drogen gehandelt wird. Der perfekte Mix aus Hafenstadt-Atmosphäre und Nachtclub-Melancholie, Mundharmonika-Blues und wildem Rock ’n’ Roll, aus Schiffsglockengeläut und Glitzerkugelfunkeln. 50 Jahre alt und der geilste Film des Jahres – gefilmt in glühenden Farben und extrabreitem Scopeformat. DAS ist Kino! Auch wenn die Story Müll ist.
Der weiße Scheich (Italien 1952). Tragikomödie von Fellini: Die frisch verheiratete, herzig-naive Wanda lässt sich mit dem losen Hauptdarsteller ihrer geliebten Fotoromanzen ein. Eine echte Entdeckung: ein wunderschönes Ehemelodram, erzählt mit bösem, sehr witzigem Humor. Höhepunkt ist die Szene, in der beide Ehepartner um die Wette flennen – selten waren Tränen so amüsant.
Gorgo (GB 1959). Monsterdrama, gesehen bei Bizarre Cinema: Aus der irischen See steigt ein vorsintflutliches Monster. Englische Fischer fangen es ein und liefern es an einen Londoner Zirkus. Gorgo ist aber nur ein Jungtier, und seine riesige Mutter hat bereits Witterung aufgenommen. Dramatischer Spannungsaufbau, gute Trickarbeit, hübsche Modelle, sehr gute Szenen von Panik, Massenflucht und Zerstörung, die teils an Quo Vadis? erinnern: überragendes Monster Movie, auch nach 50 Jahren.
Peter Clasen wird bei Bizarre Cinema am 16. Januar Allan Holzmans Mutant – Das Grauen im All und am 6. März Junya Satos Panik im Tokio-Express vorstellen.
****************************
2. i-ming
Persönliche Highlights 2010 – zwangsläufig eine Parade der besten Filme, der hübschesten Mitmenschen und der besten Küsse? Nicht ausschließlich, es kann sich doch ebenso um einschneidende Erlebnisse handeln, oder? In diesem Sinne hier also meine Top 10 des Vorjahres inklusive auch einiger für Bizarre Cinema relevanter Filmtitel, in keiner zwingenden Reihenfolge:
Lagos/Portugal im Frühjahr – mein erster richtiger Urlaub seit ich weiß nicht mehr wann; außerhalb der Saison, kaum andere Touristen, Hafenstadt, frischer gegrillter Fisch überall, meine Freundin, ein früher Sommer, der sogar die Einheimischen überrascht hat, perfekte Unterkunft. Ein Traumurlaub, für den sich jahrelanges Darben gelohnt hat!
Meine geliebte alte Katze war erkrankt, ohne jegliche Vorwarnung an mich oder sie wurde ihr von der Tierärztin eine Untersuchung ihres Innenlebens per Ultraschall verordnet und der Bauch vor meinen Augen kurzerhand kahlrasiert. Tierarztunerfahren und überrumpelt dehnte sich mein Zeitempfinden bei jedem Schervorgang. Die Katze nahm das alles gelassener als ich.
Filmsammler Dennis Nyback präsentierte im Hamburger Metropolis-Kino ein Kurzfilmprogramm mit Beiträgen zum Thema Hobos und Tramps in den USA: im Programm zeigte er Hobo, at the End of the Line (1977), einen semidokumentarischen Film, produziert von der Encyclopaedia Britannica Educational Corporation, in dem legendäre Hobos zu Wort kommen und die Musik von Utah Phillips zu hören ist. Seit Langem hat mich die Vermittlung von Atmosphäre in einem Film nicht mehr so umgehauen und mitgerissen. Danke, Dennis!
Extremer Einschnitt beruflicher Natur: Unter anderem aus vertraglichen Gründen trenne ich mich Ende Februar 2011 von meinem bisherigen Arbeitgeber, der Uni Hamburg. Neuanfang! Die Entscheidung und das anschließende Gespräch mit meinem Chef bedeuteten für mich einen enormen Schritt. Wer kennt interessante freie Stellen für mich?
Gareth Edwards Low-Budget-Indie Monsters (2010): abenteuerlichste Produktionsbedingungen und literweise Herzblut ließen mir den Mund offen stehen beim Betrachten von Edwards unfassbar schönen Bildern. Nur selten merkt man beim Sichten eines aktuellen Films, dass man in diesem Moment Zeuge der Werdung eines Klassikers ist. Recherchen ergaben, dass Edwards nur mit natürlichem Licht gedreht hat: Bitte einmal darauf achten!
Ich war zum ersten Mal in meinem Leben in Paris. Dazu muss ich nichts sagen. Aber in einem Eiscafé auf der Isle Saint Louis kosten vier Kugeln des berühmten Glace Berthillon 12 Euro. Kein Scheiß!
Regisseur Adam Green hat es mit seinem Quasi-Kammerspiel Frozen (2010) geschafft, mir Schwindelgefühle und Brechreiz zu verursachen. Ich musste mich tatsächlich von der Leinwand abwenden, so brillant, banal und brachial hat Green hier inszeniert. Ganz großes Horror-Kino!
Ein Freund und ich haben eine virtuelle Industrial Black Metal Band gegründet. Nach einigem Hin und Her haben wir unseren Stil gefunden, ein Demo ist in Arbeit. Ich hoffe, 2011 wird es irgendwo etwas zu hören geben.
Zum Ende des Jahres die Entdeckung eines Weihnachtsfilmklassikers: Charles Selliers Silent Night, Deadly Night (1984). Ich persönlich mag Weihnachten und liebe geschmacklose Filme. Dieser Knaller hat seinerzeit Elternverbände in Aufruhr versetzt. Ich bin sicher, gut platziert würde er das auch heute noch schaffen!
Zu guter Letzt: Unser lieber Bammel ist wieder im Lande und zurück im Team von Bizarre Cinema!!!
i-ming wird bei Bizarre Cinema am 23. Januar Fritz Böttgers Ein Toter hing im Netz und am 20. März Teruo Ishiis Tokugawa – Gequälte Frauen (siehe auch hier) vorstellen.
****************************
3. Michael Ranze
Konzerte – von Schlampen an der Gitarre über knüppelhart bis genial (manchmal auch beides zusammen):
Nashville Pussy (Februar, Hafenklang)
Kamikaze Queens, Support von Reverend Horton Heat (April, Grünspan)
Machine Head (Januar, Große Freiheit)
Slayer (Juni, Docks)
Jackson Browne (Juni, Stadtpark)
Joe Jackson (November, Fabrik)
Steve Harley (Oktober, Fabrik)
Lez Zeppelin (November, Fabrik)
Mark Knopfler (Juni, O2 World)
Supertramp (September, O2 World)
Sting (Oktober, O2 World)
Top Ten Filme (willkürliche Reihenfolge):
Ich sehe den Mann deiner Träume
Von Menschen und Göttern
Ein Prophet
Nothing Personal
An Education
Mademoiselle Chambon
The Road
Still Walking
Ponyo
Sin Nombre
Besondere Erwähnungen:
Sword of Desperation (R: Hideyuki Hirayama), gesehen beim Filmfest in Montreal
The Myth of the American Sleepover (R: David Robert Mitchell), gesehen beim Filmfest in Montreal
Curling (R: Denis Coté), gesehen beim Filmfest in Locarno
Bodenlose Frechheit:
Enter the Void (halbe Stunde lang Hinterkopf im Bild! Ich glaub’, ich spinne! So was will ich gar nicht sehen!)
****************************
4. The Wayward Cloud
Wie auch das Bloggen stand bei mir der Filmkonsum 2010 im Zeichen des Aufhörens. Kaum eine Pressevorführung ging vorüber, keine Serienstaffel kam an ihr Ende, kein Festival überstand ich, ohne früher oder später zu denken: „Das war jetzt das letzte Mal.“ Wie der von Deleuze im Abecedaire beschriebene Trinker, der nicht nach dem Alkohol, sondern nach dem immerwährenden Aufhören süchtig ist, der jeden Tag aufs Neue das vorletzte Glas ersehnt, bei dem er weiß, dass er gleich erlöst ist, aber noch ein weiteres vor sich hat, kann ich Filme immer häufiger nur dann genießen, wenn ich mich innerlich gegen sie wende, gegen die Menschen, die sie allzu ernst nehmen, und gegen meine eigene, so denke ich es mir, unstillbare Lust an immer neuen Bildern, die, gäbe ich ihr restlos nach, mir ein ähnlich elendes Ende bereiten würde wie den Konsumenten von David Foster Wallace’ Infinite-Jest-Tape.
Eine schöne Begleiterscheinung dieser schon zur Obsession werdenden Unlust an Bildern ist die Fantasie, ihnen zu begegnen wie beim ersten Mal, ohne Vorwissen, Vorahnungen, Erwartungen, ohne zuvor etwas gegoogelt zu haben über sie. Manchmal gelingt es, oft bei Bizarre Cinema, zum Beispiel bei meiner absoluten Lieblingsprojektion des Jahres, Tsui Harks Söldner kennen keine Gnade. Kompromisslose Härte, die totale Beherrschung aller technischen Aspekte des Filmemachens, ein Raumgefühl à la Antonioni, unwiderstehliche 80er-Accessoires (Brillen, Haarschnitte, Sounds), eine restlos nihilistische Weltsicht und ein in radikaler Unvorhersehbarkeit sich entwickelnder Plot ließen mich zwar an die Apokalypse denken, aber kein einziges Mal: „Das war das letzte Mal.“ Diese Schalldämpfer! Danke, Jochen!
Den Sinn für das in den Alltag hineinblühende Wunderbare, für die ganz nüchtern und ohne großes Trara vollzogene Wendung in unbekannte Gefilde fand ich aufs Allerschönste in der Fernsehserie Belphegor (Claude Barma, Jacques Armand, 1965) realisiert, die mir Michael Ranze empfohlen hatte. Wie alle Filme, die die Unvorhersehbarkeit nicht nur zum Gegenstand, sondern zum formalen Prinzip erhoben haben, passt dieses Wunderwerk in keine Kategorie, sondern flaniert so frei zwischen den Genres wie der jugendliche Held durch alle Winkel von Paris. Ein Grusel- und ein Kriminalfilm, zugleich eine zarte Liebeserzählung über einen Mann zwischen zwei ungleichaltrigen Frauen und eines der schönsten Nouvelle-Vague-Porträts von Paris.
Weitere Wunderwerke, die mit anarchischem Witz und kühnen Erzählkonstruktionen nicht von dem handeln, was ist, sondern erscheinen lassen, was möglich wäre: Les herbes folles (Alain Resnais, 2009) und Knight and Day (James Mangold, 2010). Der beunruhigendste Film seit Jahren: Brillante Mendozas Kinatay (2009), in dem der Zuschauer mit sechs Männern und einer Frau in einem Auto sitzt und nicht weiß, wohin die Reise geht. Sie führt von innen nach außen, von Manila in die Außenbezirke der Stadt, und von außen nach innen, in das Zentrum einer außerordentlichen Grausamkeit. Das zutiefst Beunruhigende an Kinatay ist nicht nur diese Grausamkeit, sondern die Annäherung an sie, das zunehmende Gefühl des Eingesperrt- und Ausgeliefertseins, das den Zuschauer gemeinsam mit der Hauptfigur (er-)starren lässt. Eine Reise ans Ende der Nacht, in der es natürlich um Geld geht. Ein Abenteuer.
Weitere Höhepunkte: Valhalla Rising (Nicolas Windig Refn, 2009), Brooklyn’s Finest (Antoine Fuqua, 2009), Fireworks (Kenneth Anger, 1947), Le sang des bêtes (Georges Franju, 1949), The Sunshine Makers (Burt Gillett und Ted Eshbaugh, 1935), Night and the City (Jules Dassin, 1950). Das Jahr 1955: It’s Always Fair Weather (Gene Kelly und Stanley Donen) und Picnic (Joshua Logan). Der Regisseur James Gray: The Yards (1999), We Own the Night (2007), Two Lovers (2008). Die TV-Serien Breaking Bad und Mad Men.
„Man lebt dreimal länger, seitdem das Kino erfunden worden ist“, sagt eine Figur aus Edward Yangs Yi Yi. Aber wessen Leben? Yi Yi habe ich 2010 zum dritten Mal gesehen und hatte wieder den Eindruck, dass in diesem Film alles enthalten ist, was es über das moderne Leben zu zeigen und verbergen gibt. Alles läuft aus dem Ruder und wird dann wieder in eine fragile Balance gebracht, wie in einer Jamsession, in der die einzelnen Instrumente immer weiter aus dem Takt zu kommen drohen, sich trotzdem aber zu einer meisterhaften Komposition fügen, in der die einzelnen Disharmonien aufgehoben sind.
Vielleicht wird 2011 ein Jahr des Exzesses.
The Wayward Cloud wird bei Bizarre Cinema am 6. Februar John Flynns Rolling Thunder und am 17. April Sogo Ishiis Die Familie mit dem umgekehrten Düsenantrieb vorstellen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen